Dieser Beitrag bleibt bilderlos, denn es gibt Orte, an denen Fotos nicht erlaubt sind und Handys ebenfalls keinen Zutritt haben. Zumindest nicht für Besucher.
Magaly, die Quäker ist und seit 4-5 Jahren im Bereich PAG (Projekt Alternativen zur Gewalt) arbeitet, hat ihren täglichen Einsatzort dort, wo PAG auch seine Wurzeln hat: im Gefängnis. Nur dass es sich bei dem San Pedro Gefängnis in La Paz um eine ziemlich einzigartigen Ort handelt. Und kein deutsches Gefängnis hat wohl auch nur annährend Ähnlichkeit mit San Pedro.
San Pedro liegt mitten in La Paz und eigentlich sogar in einer schönen Gegend, gar nicht so hoch. Das Gefängnis nimmt einen gesamten Block ein und liegt genau gegenüber der hübschen und grünen Plaza Sucre. 1700 Menschen leben hier. Davon sind ca. 300 Kinder und bei weitem nicht alle Insassen haben sich eines Verbrechens strafbar gemacht. Viele können sich einfach keinen Anwalt leisten und wenn sie dann ins Gefängnis kommen, bringen sie ihre Familien mit, denn auch hier muss Miete gezahlt werden und 2x zahlen ist für die Meisten einfach nicht drin. So ziehen sie also mit der ganzen Familie ein. Für die eigentlich Inhaftierten gibt es eine warme Mahlzeit am Tag, alle weiteren Familienmitglieder werden aber durchaus etwas besser versorgt. Selbst die kleinste Parzelle kostet ab ca. 50USD/Monat. Nach oben gibt es allerdings fast keine Grenzen. In 1000er Schritten kann man sich bis zu 5 Sterne Unterkünfte mit Dusche oder eigenen Küche kaufen! Wer ein wenig Eigenkapital mitbringt,kann in San Pedro durchaus zu was kommen. Überall wimmelt es von Kleinunternehmern. Kioske, Essenverkäufer, Männer auf deren Rücken der Schriftzug „Taxi“ prangt. Nun gibt es in San Pedro keine Transportmittel und dies Taximänner nehmen 1BS dafür, für andere in kürzester Zeit eine bestimmte Person ausfindig zu machen.
Wenn man durch das Eingangstor tritt, fühlt man sich allerdings eher wie in einer kleinen mittelalterlich anmutenden Stadt. Man steht einer Kirche gegenüber, rechter Hand tritt man durch einen Torbogen in eine netten Innenhof mit einem großem Baum. Rings rum um diesen Hof befinden sich diverse kleine „Restaurants“, ein Saftverkäufer und ein Kiosk. Begibt man sich tiefer hinein in San Pedro, führt einen der Weg durch winzige Gassen die immer wieder untereinander abzweigen. Hin und wieder gelandt man auf einer Art Innenhof. Mancher dient als Sportplatz, mancher beherbergt eine Art Pool der der Frischwasserversorgung dient, das z.B. Zum Wäschewaschen benötigt wird. Verlässt man diese Gassen und Plätze und steigt eine der eher maroden Treppen oder Stiegen hinauf, gelangt man in ein schier unüberschaubares Labyrint von „Zellen“. Die Türen oft nur hüfthoch und dahinter Platz für ein Bett. Oft geben sich diese Türen erst beim näheren Hingucken zu erkennen, weil man durch die verschachtelte Bauweise häufig nicht damit rechnet, überhaupt einen weiteren Raum vorzufinden.
Mit Magaly laufe ich durch diese Stadt in der Stadt in der es keine Polizei gibt, weil die ja vor den Toren Wache schiebt. Immer wieder begrüßt sie Insassen mit einer Unarmung und einem Lächeln. Auch ich werde immer sehr freundlich begrüßt. Magaly sucht Räumlichkeiten für ihr nächstes PAG-Projekt und zeigt und erklärt mir dabei, wie das Leben hier in San Pedro abläuft. Die Bewohner hier wirken fast durchweg sehr gepflegt, aber vll liegt es daran, dass auch sonst nicht besonders viel zu tun ist.
Nach dem Mittag sehen wir die kleineren Schulkinder von ihrem Unterricht zurück kommen und die älteren zum Nachittagsunterricht das Gefängnis. Wie alle anderen ihrer Altersgenossen stehen sie fein gestriegelt und in Schuluniform vor dem Tor und warten darauf raus bzw rein gelassen zu werden. Was das wohl mit einem Kind macht in der Schule auf die Frage: „Und, wo wohnst du?“ sagen zu müssen: „Im San Pedro Gefängnis.“?
Bevor wie das Gefängnis wieder verlassen, trinken wir, zusammen mir einem der PAG-Fassilitatoren der noch 1 Jahr und 17 Monate einzusitzen hat, einen Saft im hübschen Innenhof und man könnte fast vergessen, dass wir uns gerade in einem Gefängnis befinden.